23.09.2019 Rede von Bundeskanzlerin Merkel zum UN Climate Action Summit am 23. September 2019 in New York "Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle haben den Weckruf der Jugend gehört. Und ich möchte Generalsekretär António Guterres ganz herzlich dafür danken, dass er dieses Ereignis hier im Vorfeld der Generalversammlung abhält. Es gibt keinen Zweifel daran, dass Klimawandel und Erderwärmung im Wesentlichen von Menschen gemacht sind. Deshalb müssen wir dem Ratschlag der Wissenschaft folgen. Es ist eine globale Herausforderung, die nur gemeinsam bewältigt werden kann. Wir alle haben nur eine Erde. Der Maßstab für unser Handeln muss das Pariser Abkommen sein, das den Rahmen setzt, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Die Industriestaaten sind die Hauptverursacher dieser Erderwärmung, wie wir sie heute erleben. Die Entwicklungsländer sind die Hauptleidtragenden. Deshalb haben wir als Vertreter der Industrieländer die Pflicht, Innovation, Technologie und Geld einzusetzen, um die Wege zu ebnen, um die Erderwärmung zu stoppen. Deutschland sieht seine Verantwortung international und national. International werden wir unsere Mittel für den weltweiten Klimaschutz im Verhältnis zu 2014 von zwei auf vier Milliarden Euro erhöhen. Insbesondere werden wir 1,5 Milliarden Euro in den Green Climate Fund einzahlen. Wir setzen uns ein für Klimarisikoversicherungen. Und wir sind seit Jahrzehnten aktiv - und werden dies fortsetzen - im Bereich des Waldschutzes. National stellt sich die Lage folgendermaßen dar: Deutschland hat ein Prozent der Weltbevölkerung, verursacht aber zwei Prozent der weltweiten Emissionen. Wenn alle so handeln würden wie Deutschland, würden sich die Emissionen weltweit verdoppeln. Jeder weiß, was das bedeutet. Deshalb haben wir uns vorgenommen, bis 2030 55 Prozent unserer CO2-Emissionen gegenüber 1990 einzusparen und im Jahr 2050 klimaneutral zu sein. Dazu wollen wir 2030 65 Prozent, also fast zwei Drittel, unserer Energieversorgung aus erneuerbaren Energien erwirtschaften. Wir werden 2022 aus der Kernenergie ausgestiegen sein und spätestens 2038 aus der Kohlekraftwerkswirtschaft. Wir werden in den nächsten Jahren im Bereich des Verkehrs eine Wende einleiten. Dazu und für Veränderungen im Gebäudebereich wollen wir in den nächsten vier Jahren insgesamt 54 Milliarden Euro in neue Technologien, in neue Mobilität, in Isolierung unserer Häuser, in neue Heizungssysteme investieren. Wir werden außerdem eine CO2-Bepreisung einführen - nicht nur, wie wir sie schon heute im Rahmen der Europäischen Union für die Bereiche Industrie und Energie haben, sondern wir werden - national beginnend und dann hoffentlich europäisch fortsetzend - CO2-Emissionen auch im Bereich von Gebäuden und Verkehr einen Preis geben. Denn wir glauben, dass nur die Entwicklung eines Preissignals uns wirklich dazu bringt, die noch verfügbaren Budgets an klimaschädlichen Gasen nicht zu überschreiten. Insgesamt sehen wir uns und unser Land vor einem tiefgreifenden Wandel, bei dem wir durch Anreize die Menschen mitnehmen müssen. Es gibt diejenigen, die aktiv sind, demonstrieren und uns Druck machen, aber es gibt auch Zweifler. Aufgabe jeder Regierung ist es, möglichst alle Menschen mitzunehmen. Dieser Aufgabe stellt sich Deutschland. Mit unseren am letzten Freitag beschlossenen Maßnahmen und dem, was wir bisher getan haben, werden wir unseren Beitrag zu einer nachhaltigen Wirtschaft und zu einem nachhaltigen Leben weltweit leisten. Herzlichen Dank."